Skip to content
BY-NC-ND 4.0 license Open Access Published by De Gruyter

Trdat

  • Ralph-Johannes Lilie , Claudia Ludwig , Beate Zielke and Thomas Pratsch

N: Die griechische Form seines Namens würde Tiridates — Τιριδάτης lauten, doch wird T. in griechischen Quellen nicht erwähnt.

T: Architekt, “Oberarchitekt” — arm.: čartarapet (Stephan von Taron), bzw. “Architekt der Armenier (und) Steinmetz” — arm.: čartarapet Hayoc‘ k‘aragorc (Stephan von Taron).

V: Bedeutendster armenischer Architekt des ausgehenden 10. und beginnenden 11. Jh.s.

Nach dem Zeugnis des armenischen Historikers Stephan von Taron (Asołik) errichtete T. nach 972 die (nicht mehr erhaltene) Katholikatskirche in Argina (in der Provinz Širak, nahe Ani), dem Sitz (von 965 bis 993) des armenischen Katholikos (Xač‘ik I. Aršaruni 972–992 [# 28445]), und ab 989 die Kathedrale von Ani für den armenischen König Smbat II. Bagratuni (# 27144). Aus einer armenischen Bauinschrift geht hervor, daß die Kathedrale erst 1001 oder 1010 unter Smbats Nachfolger Gagik I. Bagratuni (# 22053) und dessen Ehefrau Katramidē vollendet wurde (1).

Nachdem in der Nacht vom 25. zum 26. Oktober 989 ein Erdbeben in Konstantinopel Teile der Hagia Sophia hatte einstürzen lassen (den nord-westlichen Vierungsbogen, die nord-westliche Halbkuppel [zum Narthex hin] und Teile der großen Zentralkuppel), reiste T. nach Konstantinopel, legte mit einem Modell einen Vorschlag zur Rekonstruktion vor und wurde mit der Wiederherstellung beauftragt (2). Laut Leon Diakonos dauerte der Wiederaufbau sechs Jahre (3). Laut Yaḥyā ließ Kaiser Basileios II. die Wiederherstellung vier Jahre nach dem Erdbeben (= im 18. Jahr seiner Herrschaft) vornehmen (4). Wir können also vermuten, daß nach dem Erdbeben eine gewisse Zeit verging, bevor man mit den Bauarbeiten begann – vermutlich, weil es nicht leicht war, eine realisierbare Lösung und einen geeigneten Architekten zu finden (5). Der Wiederaufbau muß außerordentlich kostspielig gewesen sein. Skylitzes gibt an, daß Basileios allein für die Maschinen, die benötigt wurden, um die Arbeiter und Materialien an ihre Arbeitsplätze zu bringen, zehn Kentenare Gold aufgewendet habe (6).

Außerdem ist T. noch der Architekt der Kirche des hl. Gregor des Erleuchters in Ani (= Gagkašēn — “Bau des Gagik”), die der armenische König Gagik I. Bagratuni als Rundbau nach dem Vorbild der nicht erhaltenen Kirche der himmlischen Heerscharen (w.: “der Wachsamen [sc. Engel]”), Zwart‘noc‘, die in der Stadt Vałaršapat (Ečmiac‘in) stand, errichten ließ (7).

Von den Zuschreibungen weiterer Bauwerke an T. besitzt nur die der Hauptkirche des Klosters Hałbat (976–989) eine gewisse Wahrscheinlichkeit (8).

Anmerkungen: — (1) Die Bauinschrift war uns nicht zugänglich, hier nur nach Donabédian, p. 43, angegeben; cf. auch Samuel von Ani 441 (Brosset); Kirakos 46f. (Brosset); p. 79f. (Bedrosian). — (2) Stephan von Taron (Asołik) III, cap. 27. — (3) Leon Diakonos, Historia X 10, p. 176,6f. — (4) Yaḥyā [p. 221] p. 429 (PO 23,3); 10:167, p. 199 (Pirone). Sowohl Leon Diakonos als auch Yaḥyā erwähnen T. jedoch nicht. — (5) Für eine den Zeitgenossen recht lang erscheinende Zeit zwischen dem Einsturz und dem Wiederaufbau spricht auch die wohl in diese Zeit zu datierende Klage eines anonymen Autors auf den Einsturz der Hagia Sophia — Εἰς τὴν τῆς Ἁγίας Σοφίας σύμπτωσιν, die auch noch von A. Littlewood irrtümlich als Werk des Michael Psellos in der Ausgabe von dessen Oratoria minora, Leipzig 1985, 131–134 (Nr. 35), ediert wurde, cf. Mango, Collapse 167–169. Der Autor schließt seine Klage mit der Aussage, daß er nicht wisse, wann die Hagia Sophia wiederhergestellt sein werde, s. p. 134, l. 75-78: ... εἰ μὲν ἀναστήσεται καὶ ὑψωθήσεται καὶ ἑδραιωθήσεται ἢ συντελεσθήσεται καὶ καλλωπισθήσεται οὐκ ἐμὸν εἰδέναι· ... — (6) Skylitzes, Basileios 13, p. 331f.,52-58. — (7) Cf. Donabédian, p. 48–50; Stephan von Taron (Asołik) III, cap. 47, p. 214,25 – 215,9 (Gelzer); p. 169 (Macler): ohne Erwähnung T.s, doch sollen einige Handschriften. T. als Architekten benennen. — (8) Cf. Donabédian, p. 51f. 54.

Q: — (Hist.): Leon Diakonos, Historia X 10, p. 175,21f.; 176,6f.; Skylitzes, Basileios 13, p. 331f.,52-58 (beide nur zu Erdbeben und Wiederaufbau, ohne Erwähnung des T.). — (Hag.): Synax. Cpl. 166,38-44 (nur zum Erbeben, ohne Erwähnung T.s). — (arab.): Yaḥyā [p. 221] p. 429 (PO 23,3); 10:167, p. 199 (Pirone) (nur zu Erdbeben und Wiederaufbau, ohne Erwähnung des T.). — (arm.): Stephan von Taron (Asołik) III, cap. 11, p. 138,9-12 (Gelzer); p. 50 (Macler) (cf. cap. 9, p. 136,7-9 [Gelzer]; p. 46 [Macler]): Kathedrale von Ani; cap. 27, p. 190,13-30 (Gelzer); p. 132f. (Macler): Reparatur der Hagia Sophia; Samuel von Ani 441 (Brosset); Kirakos 46f. (Brosset); p. 79f. (Bedrosian).

L: ODB II 893 s. v. “Hagia Sophia”. — Schlumberger, Épopée II 38; Emerson – Van Nice, in: American Journal of Archeology 47 (1943) 431. 434; iidem, in: Archaeology 4 (1951) 166–168; Restle, in: RBK IV (1990) 422. 442 s. v. “Konstantinopel”; Garsoïan, Kingdoms 184; P. Donabédian, The Architect Trdat, in: P. Cowe (Ed.), Ani. World architectural heritage of a medieval Armenian capital, Leuven – Sterling 2001 (University of Pennsylvania. Armenian Texts and Studies 16), 39–67 (mit Angaben zur arm. Lit. zu T.); Cheynet, Skylitzès 277 Anm. 81. — Zum Einsturz der Hagia Sophia s. ferner: A. Papadopulos-Kerameus, K istorii grečeskich ėtimologov [Zur Geschichte der griech. Etymologica, in russ. Sprache], in: Žurnal Ministerstva Narodnago Prosveščenija [Journal des Ministeriums der Volksaufklärung, russ.] 319 (September 1898) 115–133, bes. 115–119; Mango, Collapse passim.

P: In der Sekundärliteratur findet sich irrtümlich auch 986 als Jahr des Erdbebens, das die Hagia Sophia so schwer beschädigte. Diese Angabe geht auf Skylitzes, Basileios 13, p. 331f.,52-58, zurück (Oktober, 15. Indiktion; 6494 a. m.; da Indiktionsangabe und Jahresangabe voneinander abweichen, ergibt sich nach der Indiktionsangabe Oktober 986, nach der Jahresangabe Oktober 985). Dagegen datiert eine größere Zahl der Quellen auf das Jahr 989: der im allgemeinen zuverlässige Yaḥyā ibn Sa‘īd [p. 221] p. 429 (PO 23,3); 10:167, p. 199 (Pirone): im 14. Jahr der Herrschaft des Basileios bzw. 379 a. h. (11.4.989 – 30.3.990), das Synax. Cpl. 166,38-44: im Jahr 6498 a. m. (1.9.989 – 30.8.990), und schließlich Stephan von Taron III, cap. 27, p. 190,5-13 (Gelzer); p. 132 (Macler): 438 armenischer Ära (24.3.989 – 23.3.990). Die Datierung auf die Nacht vom 25. zum 26. Oktober beruht auf der Information des Leon Diakonos, Historia X 10, p. 175,21f., und des Synax. Cpl. (loc. cit.), daß das Erdbeben sich am (sc. Vor-)Abend bzw. in der dritten Stunde der Nacht (= vor Mitternacht) des Gedächtnisses des hl. Demetrios (26. Okt.) ereignete. — Ein Kolophon in einer Handschrift des Etymologicum Genuinum (Cod. Laurent. San Marco 304 [Codex B]), demzufolge der Kopist seine Arbeit am Sonntag, dem 13. Mai, “zur Stunde der Öffnung der Megale Ekklesia” vollendete ( Ἐτελειώθη σὺν θεῷ μηνὶ μαΐῳ ιγ´ ἡμέρᾳ κυριακῇ ὥρᾳ τῆς ἡμέρας ὅτε ἥνυξεν [i. e.: ἤνοιξεν] ἡ μεγάλη ἐκκλησία, hier zitiert nach Mango, Collapse 169; cf. Papadopulos–Kerameus, op. cit. 115), wurde von Papadopulos-Kerameus und Mango, Collapse 171, dahingehend interpretiert, daß die Hagia Sophia am Sonntag, dem 13. Mai 994, feierlich wiedereröffnet wurde, der Wiederaufbau also bis zu diesem Datum abgeschlossen war. Es ist aber zu überlegen, ob es sich im Kolophon vielleicht eher um eine ganz normale Angabe der Tageszeit handelt als um die Charakterisierung eines bestimmten Tages. (Das ὅτε — “als” würde sich in diesem Fall auf ὥρα — “Stunde” und nicht auf ἡμέρα — “Tag” beziehen.) Wenn es sich um eine reine Tageszeitangabe handelt, dann entfallen sowohl die genaue Datierung des Etymologicum Genuinum (es kämen auch alle anderen inhaltlich und kodikologisch-paläographisch vertretbaren Jahre in Frage, in denen der 13. Mai auf einen Sonntag fiel [949, 955, 960, 966, 977, 983, 988, 994, 1005, 1011, 1016, 1022, 1033, 1039 etc.]) als auch die genaue Datierung der Wiedereröffnung der Hagia Sophia.

QuelleSource

Downloaded on 29.3.2024 from https://www.degruyter.com/database/PMBZ/entry/PMBZ30525/html
Scroll to top button