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BY-NC-ND 4.0 license Open Access Published by De Gruyter

Leon Melissenos

Λέων

  • Ralph-Johannes Lilie , Claudia Ludwig , Beate Zielke and Thomas Pratsch

N: Familienname: Melissenos — Μελισσηνός; arab.: Lāwun al-Malasinūn (Yaḥyā); bei anderen arabischen Autoren (Ibn Ẓāfir, Dawādārī, Nuwayrī) auch arab.: Lāwun yuqālu lahū aṣābi‘ aḏ-ḏahab (“Leon, der Melisse genannt wird”), wobei diese arabischen Autoren den Beinamen etymologisch irrtümlich mit der Pflanze Melisse (Melissa officinalis, griech.: μελισσοβότανον) in Verbindung bringen statt mit dem griechischen Wort für Biene (griech.: μέλισσα).

T: Anthypatos, Patrikios; Magistros — arab.: māǧisṭrus (Yaḥyā); Dux von Antiocheia; vielleicht Dux von Thessalonike; Strategos des Anatolikon. Auch bezeichnet als “großer Heerführer” — arab.: ra’īs ‘aẓīm (Ibn Ẓāfir, Nuwayrī) und “Heerführer” — arab.: ra’īs (Dawādārī). Domestikos der Scholen des Westens.

V: Mitglied der Familie der Melissenoi, die später im 11. und 12. Jh. eine bedeutende Rolle spielte. Ein Bruder war Theognostos Melissenos (# 28026). Laut der Chronik des Skylitzes dürfte L. um die Mitte der 70er Jahre des 10. Jh.s als byzantinischer Befehlshaber in Bulgarien gewirkt haben. Skylitzes bezeichnet ihn als Dux, der offenbar Serrai (Serrhai) gegen die aufständischen Bulgaren verteidigte. Bei dem Kampf um die Stadt wurde der Kometopule Moses (# 25425), ein älterer Bruder des bulgarischen Zaren Samuel (# 26983), von einem der Leute des L. getötet, der hier nur Melissenos genannt wird: ὑπό τινος τῶν περὶ τὸν δοῦκα Μελισσηνὸν. Ob L. schon in dieser Zeit Domestikos der Scholen des Westens gewesen ist oder ein untergeordneter Befehlshaber, läßt sich nicht sagen (1).

Als Dux von Antiocheia belagerte L. im Herbst 985 die muslimische Stadt Balanaia (Balanyās), brach diese Belagerung aber ab, möglicherweise weil die Absetzung des Parakoimomenos Basileios (# 20925) das Gerücht hatte aufkommen lassen, daß es eine Verschwörung gegen den Kaiser gebe. Basileios II. stellte L. daraufhin vor die Wahl, entweder die Belagerung wieder aufzunehmen oder aber dem Kaiser das für den Sold der Truppen aufgewendete Geld wieder zurückzuerstatten. L. nahm daraufhin die Belagerung wieder auf. Er eroberte die Stadt und stellte die Befestigungen wieder her. Trotzdem wurde L. kurz danach von Bardas Phokas (# 20784) als Dux von Antiocheia ersetzt. Grund für diese Maßnahme könnte die Beteiligung des L. an einer durch den abgesetzten Basileios Lakapenos geplanten Verschwörung gegen Basileios II. gewesen sein (2).

Unmittelbar nach seiner Absetzung muß L. nach Konstantinopel zurückgerufen worden sein, denn im Jahr 986 nahm er an dem Feldzug des Kaisers nach Bulgarien teil. Als Basileios II. in das Innere Bulgariens eindrang, ließ er L. mit einigen Truppen zurück, um die Pässe zu bewachen, durch die das Heer zurückkehren mußte. Während der Belagerung von Serdika sah Basileios II. sich zu einem schnellen Rückzug gezwungen, den Skylitzes damit begründet, daß Stephanos Kontostephanos (# 27313), der Domestikos der Scholen des Westens, den Kaiser davor gewarnt habe, daß L. seinen Posten verlassen habe und nach Konstantinopel eile, um sich dort zum Kaiser krönen zu lassen. Skylitzes begründet diese Mitteilung mit einer persönlichen Feindschaft des Stephanos gegenüber L.; Basileios II. habe daraufhin den sofortigen Rückzug angeordnet. Die damit verbundene Unordnung hätten die Bulgaren ausgenutzt, das byzantinische Heer angegriffen und völlig zersprengt. Selbst das kaiserliche Zelt sei, zusammen mit den Insignien des Kaisers, in bulgarische Hände gefallen. In Philippupolis angekommen, stellte Basileios II. fest, daß L. durchaus auf seinem Posten geblieben war. Er beschimpfte Stephanos als Verursacher der Niederlage, der aber Widerworte gab, bis der Kaiser voller Zorn von seinem Thron aufsprang, Stephanos an Bart und Haaren riß und zu Boden warf (3).

Etwas später schloß L. sich der Revolte des Bardas Phokas an, die von 987 bis 989 dauerte. Er befehligte ein Heer, das Abydos belagerte. Als Bardas Phokas in der Schlacht vom 13. April 989 bei Abydos fiel, brach der Aufstand schnell in sich zusammen (4).

Nach dem Ende der Revolte wurden die Anhänger des Usurpators gefangengenommen und beim Triumphzug des Kaisers in Konstantinopel gedemütigt. Allein bei L. machte der Kaiser eine Ausnahme. Als Grund hierfür wird von Skylitzes angeführt, daß Theognostos Melissenos vor der Schlacht bei Abydos, als die beiden Heerreihen einander gegenüberstanden, die Kaiser geschmäht haben soll. Aber L. habe ihm das untersagt und ihn, als er nicht aufhören wollte, sogar mit der Peitsche geschlagen. Aus diesem Grund sei er vom Kaiser begnadigt worden (5).

L. tritt auch später wieder im Dienst des Kaisers in Erscheinung. 994 wurde er zur Unterstützung des Michael Burtzes (# 25253) entsandt, der in einem Feldzug gegen den fāṭimidischen Heerführer Manǧūtakīn (# 24858), welcher Aleppo belagerte, in Bedrängnis geraten war. Nachdem L. und Burtzes in einer Schlacht am Orontes am 15. September 994 zusammen mit den ḥamdānidischen Streitkräften (# 24793) vernichtend geschlagen worden waren, mußten sie nach Antiocheia zurückkehren. Während Michael Burtzes aufgrund dieses Mißerfolges in Ungnade fiel, ist über das weitere Schicksal des L. nichts bekannt (6).

Unklar ist die Einordnung der Siegeltitulatur in die Karriere des L. In einem Siegel wird er als Magistros und Domestikos der Scholen des Westens bezeichnet. Die Identität des Sieglers mit der in den Chroniken erwähnten Person scheint, wie Jordanov zu Recht vermutet, sicher zu sein. L. müßte dieses Amt entweder zu einem Zeitpunkt zwischen 976 und 985 oder eine kurze Zeit zwischen 986 und 987 bekleidet haben, als er sich der Revolte des Bardas Phokas (# 20784) anschloß. Nicht auszuschließen, wenngleich wohl weniger wahrscheinlich, sind auch die Jahre zwischen 989 und 993. Die von Jordanov vertretene Hypothese, daß L. nach dem Mißerfolg des Kaisers 986 anstelle des in Ungnade gefallenen Stephanos Kontostephanos zum Domestikos ernannt worden sei, ist durchaus wahrscheinlich, aber letztendlich ebenfalls nicht beweisbar. Da er sich der Revolte des Bardas Phokas anschloß, müßte L. allerdings schon kurze Zeit später seine Position wieder verloren haben. — Demgegenüber vertritt Diaconu (gleichfalls hypothetisch) die Auffassung, daß L. zu einem Zeitpunkt zwischen 971 und 985, wahrscheinlicher zwischen 976 und 985, dieses Amt versehen haben könnte.

Anmerkungen: — (1) Skylitzes, Basileios 11, p. 329,81-85 (Zusatz in der Chronik des Skylitzes). Unklar ist, ob L. bereits zu dieser Zeit (zusätzlich?) den Titel eines Dux geführt hat, oder ob es sich hier um eine anachronistische Vorwegnahme des Titels eines Dux von Antiocheia bei Skylitzes bzw. dessen Vorlage handelt. Wenn L. tatsächlich schon damals Dux gewesen ist, dürfte es sich um den Dukat von Thessalonike handeln; cf. Seibt, Kometopulen 91f. — (2) Yaḥyā [p. 208f.] p. 416f. (PO 23,3); 10:135-137, p. 191f. (Pirone); cf. Dölger, Regesten Nr. 768c-d (Beihammer) und Todt, Antiocheia 208. — (3) Skylitzes, Basileios 11, p. 330,14 – 331,51; Zonaras XVII 6, p. 548,12 – 549,18; daß die Niederlage des Kaisers tatsächlich auf das Verhalten des Stephanos zurückzuführen ist, ist fraglich. Jordanov sieht als Grund an, daß eine bulgarische Armee unter Samuel (# 26983) während der Belagerung von Serdika im Rücken des kaiserlichen Heeres erschienen sei und dadurch die Flucht der Byzantiner verursacht habe. Für diese Erklärung könnte auch das Verhalten des Stephanos sprechen, der sich sichtlich keiner Schuld bewußt war. Die Darstellung der Vorlage des Skylitzes könnte dann ein Versuch sein, die Schuld an dem Desaster, das offenbar durch den unüberlegten Vormarsch des byzantinischen Heeres begünstigt worden war, vom Kaiser weg und auf einen “privaten” Konflikt zwischen zwei Adeligen zu schieben. — (4) Leon Diakonos, Historia X 9, p. 173,18-20. — (5) Skylitzes, Basileios 18, p. 338,32-44. — (6) Yaḥyā [p. 232f.] p. 440f. (PO 23,3); 11:10, p. 208 (Pirone); 11:10.11.13, p. 208f. (Pirone); Ibn Ẓāfir, 53,18 – 54,1; Dawādārī VI 229,14 – 230,11; Nuwayrī XXVI 159,14 – 160,1.

Q: — (Hist.): Leon Diakonos, Historia; Skylitzes; Zonaras. — (arab.): Yaḥyā; Ibn Ẓāfir; Dawādārī; Nuwayrī. — (Sg.): Jordanov, in: ByzBulg 8 (1986) 183 Nr. 1 = idem, Preslav 210 = Corpus I 8.3 = II 458 = III 1118 = Jordanov–Zhekova 277: Λέοντι πατρικίῳ καὶ στρατηγῷ τῶν ᾽Άνατολικῶν τῷ Μελισηνῷ. Jordanov, Corpus I 26.4A = II 459f. = III 994f. (2 Siegel): Λέοντι ἀνθυπάτῳ πατρικίῳ καὶ δομέστικῳ τῶν σχολῶν τῆς Δύσεως τῷ Μελισηνῷ. Jordanov, Preslav 162 = idem, Corpus I 26.4B = II 461 = III 996 = Jordanov–Zhekova 267 (ein Siegel): Λέοντι μαγίστρῳ καὶ δομέστικῳ τῶν σχολῶν τῆς Δύσεως τῷ Μελισηνῷ.

L: Schlumberger, Épopée I 505–508; Laurent, Gouverneurs d’Antioche 232; Seibt, Kometopulen 91f.; Forsyth, Yahya 424f.; Jordanov, in: ByzBulg 8 (1986) 183–187; Diaconu, in: RÉSEE 27 (1989) 27 (1989) 11–14; Blaum, Warlords 57. 70; Treadgold, History 516; Dölger, Regesten Nr. 768c-d (Beihammer); Todt, Antiocheia 208.

P: Diaconu 13f. vertritt die Auffassung, daß L. identisch mit Leon Damokranites (# 24552) gewesen sein könnte.

QuelleSource

Downloaded on 29.3.2024 from https://www.degruyter.com/database/PMBZ/entry/PMBZ26685/html
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